Donnerstag, 19. September 2013

Anerzogene Denkmuster

***
Wir schütteln den Kopf über Rechtsradikale und religiöse Fanatiker.
Wir schütteln den Kopf über Prügeleltern und Tierquäler.
Wir schütteln über alles Mögliche den Kopf...
Dabei sind wir austauschbar.
Wir könnten genauso gut zu jenen gehören, über die wir den Kopf schütteln. Je nach dem, in welchem sozialen Kosmos wir aufgewachsen sind, verhalten wir uns demokratisch oder faschistoid, massenkonform oder aufrührerisch.
Unser gesamtes Weltbild ist anerzogen, selbst wenn wir das nicht glauben wollen.
Nicht nur dann, wenn das allgemeine und elterliche Umfeld zu dominant ist, fügt sich der Mensch und übernimmt ungefragt fast alles, was man ihm vorgekaut hat.
Viele Menschen wachsen mit einem Feindbild auf, das sie ihr Leben lang behalten und an ihre Kinder weiter geben. Darüber schütteln wir den Kopf.
Und sehr viele Menschen wachsen mit einem Opferbild auf, das sie ebenfalls nicht überdenken und an die nächste Generation weitergeben.
Unsere „Nutz- und Haustiere“ gehören zu diesen Opfern. Sie haben das, was der Mensch mit ihnen macht, als selbstverständlich hinzunehmen, dafür sind sie da.
Stereotype Aussagen wie „ohne Käse kann ich nicht“, „Kinder brauchen Fleisch“ und „ich steh nicht an der Spitze der Nahrungskette, um Salat zu essen“, werden von einer Generation an die nächste weiter gegeben.
Anerzogene Vorurteile über mangelnde Intelligenz und Leidensfähigkeit der Opfer rechtfertigen die vermeintliche Machtposition ebenso, wie anerzogene Vorurteile über die Wertigkeit und Vielfältigkeit veganer Alternativen.
Nicht nur unsere Eltern und Lehrer prägen unser Weltbild, es sind auch Massenmedien und die mit deren Input konform gehende Gesellschaft.
Wenn wir auf unsere innere Stimme, unser Bauchgefühl hören, merken wir, was stimmt und was falsch ist.
Aber die vielen Stimmen im Kopf, die als Echo anerzogener Gesellschaftsmuster Gegenteiliges vermitteln, sind meist lauter und halten uns im Trott.
Wir werden von klein auf manipuliert und wir lernen, uns selbst zu manipulieren, um nicht aus der Reihe zu tanzen. Egal, wie viel Blut an unseren Händen klebt...
Wenn es nicht das Blut unserer eigenen Art oder unserer Kuscheltiere ist, nehmen wir es hin und klammern erfolgreich alles aus, was uns die innere Stimme vermittelt, sofern sie nicht schon längst zum Schweigen verurteilt wurde.
Faschismus gegenüber nichtmenschlichen Tieren ist in diesem System gesellschaftsfähig.
Vielleicht hilft es uns, unser Verhalten besser zu verstehen, wenn wir uns in ein Kind hinein fühlen, das in einem religiös dogmatischen Staat aufwächst, in dem anders Denkende mit einem Feindbild versehen werden.
Was unterscheidet uns von diesem Kind und dem daraus entstehen Erwachsenen?
Es sind wohl nur Grauschattierungen, etwas mehr Demokratie, etwas mehr Toleranz, weil wir Glück hatten, hier und nicht dort aufzuwachsen.
Wirklich objektiv und ehrlich können wir nicht sein, wenn wir uns mit einer Rostbratwurst im Bauch gegen Nazis aussprechen.
Empathie ist nicht erlernbar, sie ist tief in uns verankert und wird von uns unterdrückt, weil wir es nicht anders gelernt haben.
Mitgefühl gegenüber den obligatorischen Opfern wird noch immer als Schwäche ausgelegt und erntet allgemeines Gelächter.
So lernen wir es von unseren Klassenkameraden, Kollegen und Fernsehköchen und so geben wir es an unsere Kinder weiter, während wir über andere Formen des Faschismus den Kopf schütteln.
Betrachten wir uns mal von außen, aus der Sicht eines Kindes, dem früh vermittelt wurde, dass es keinen Sinn macht, mit Hunden zu leiden und Schweine leiden zu lassen, so schütteln wir vielleicht über uns selbst den Kopf.
Wir erwarten von jenen, für die wir wegen politischer oder religiöser Ansichten kein Verständnis haben, dass sie von selbst drauf kommen, was bei ihnen falsch läuft, dass sie von allein den Weg aus ihren anerzogegen Denkmustern finden.
Vielleicht erwarten wir da ein bisschen zu viel, wenn wir es nicht mal schaffen, eine einheitliche Grundethik als Selbstverständlichkeit zu etablieren.

GO VEGAN!

Schlunz

***