Dienstag, 31. März 2009

Ist das "fair"?

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Es geht hier um das Thema "rundum fair", welches unveganen Menschen oft als Alibi dient.

Ich würde ja gerne mal nen Blick in die Kleiderschränke jener kinderlosen Leute werfen, die immer wieder Veganismus und fairen Handel in einen Topf schmeißen. Sind die wirklich so konsequent, dass sie sogar faire Socken und Unterhosen haben, wenn doch sogar Neuveganer noch ihre alten Lederschuhe "auftragen"?

Mir stellte mal in einem Vegan-Forum ein Familienvater und Hartz-4-Empfänger die Frage nach veganer Schokolade, die in Supermärkten angeboten wird.
Ich nannte ihm ein paar Alternativen und daraus wurde mir dann ein Strick gedreht.
Dass die Umgewöhnung von Kindern ohne Verzichtgefühle bei den Preisen und der Verfügbarkeit fair gehandelter Schokolade für einen mehrfachen Vater auf Hartz-Fear eine schwierige Aufgabe ist, sollte klar sein.
Billige Schokolade ist nicht fair trade und so wäre die richtige Antwort gewesen:
"Für Euch gibt es vorerst keine Schokolade! Ihr könnt Euch sowas nicht leisten!
Und wo wir grad dabei sind... Dasselbe gilt natürlich für Eure Kleidung.
Sollte schon fair sein, egal ob es sich um Baby- oder Teenagerklamotten handelt."

Okay, auf Schokolade in rauen Mengen müssen die Kids erst mal verzichten, Papa findet schon noch Alternativen, aber...
Sind unfaire Klamotten aus zweiter Hand eigentlich fair?

Nein!
Also kauft Kinderarbeit für eure Kinder oder lebt fair!
Da Kids schnell aus ihrer Größe raus wachsen, muss man sich dann mit wenig zufrieden geben.
Unterwäsche, Jacken, Jeans, Schuhe für Sommer und Winter, vorher ein paar wenige Babystrampler- und Bodys, etc... Wenn sich das Baby den dritten Strampler voll gekotzt hat, dann hat es halt Pech... Das ist dann nur "fair"...
Spielzeug sollte nur aus Deutschland kommen, zumindest nicht aus China...
Unfaire Geschenke werden abgelehnt, Wunschzettel ignoriert und das bisschen, was man sich leisten kann, muss halt reichen.
Man lebt nicht nur vegan, man lebt rundum "fair" und "bio".
Dass die Nachbarn komisch gucken, wenn die Kids jeden Tag in denselben Klamotten rum laufen und im Supermarkt Schokolade klauen, daran muss man sich halt gewöhnen, das gehört dazu.
Und wenn die Kids mal wieder mit irgendwelchem Spielzeug-Dreck aus China ankommen, nimmt man es ihnen weg, schmeißt es in den Müll und erklärt ihnen die Hintergründe...

Es ist sehr leicht, nach bestem Wissen und Gewissen vegan zu leben, egal wie hoch oder niedrig das Einkommen ist.
Wer fair trade und Veganismus voneinander abhängig macht, verursacht aber großen Schaden.

Wenn ich auf Tierprodukte verzichte, dann verzichte ich auf die "Veredelung" veganer Ressourcen, welche als Tiernahrung Verwendung finden.
Im Angesicht des Welthungers sicher der weniger dekadente Weg...
Dann verzichte ich auf die bekannten Klima verändernden und Umwelt zerstörerischen Einflüsse der Tierleidindustrie, unter denen vor allem die Dritte Welt leidet.
Und vielleicht habe ich dann sogar begriffen, was Leo Tolstoi vor langem erkannte:
"Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben."
Menschenrechte sind in Tierrechten automatisch mit inbegriffen, denn Menschen sind Tiere.
Jeder Mensch in dieser Gesellschaft mit ihren veganen Alternativen kann es unterlassen, Tierleidprodukte zu kaufen.
Rundum fair trade zu leben ist allerdings nur wenigen Leuten vorbehalten, es ist einfach zu teuer und für Menschen, die Kinder ernähren, einkleiden und unterhalten müssen, wird es umso enger.
Wenn ich mir "fair" und "bio" leisten kann, tue ich es und wenn ich es mir nicht leisten kann, ist das kein Grund, Tiere auszubeuten.
Der Kontext "wenn du vegan lebst, musst du auch rundum fair trade leben" steht als Alibi für unveganes Verhalten.
Unvegane Menschen, die dieses "Argument" einwerfen, woraufhin sie mit einem selbst zufriedenen Grinsen beobachten, wie langjährige Veganer stammelnd ihre fairen, bzw. unfairen Verhaltensweisen aufzählen und sich rechtfertigen, gibt es genug...
Menschen, die sich zum ersten Mal mit Ethik befassen, werden verunsichert, bleiben auf der Stelle stehen oder bewegen sich sogar rückwärts, weil andere in tumber Naivität oder ganz gezielt den einen Boykott mit dem anderen aufwiegen...
Was bleibt, ist unvegane Stagnation und jene, denen dies nur "recht und billig" ist, haben ihr Ziel erreicht.
Den Preis zahlen am Ende nicht nur die "Nutztiere", welche sicher nie in der Lage sind, ihre eigene Lobby zu sein oder eine Revolution zu starten, sondern auch jene Menschen, deren Böden verkarsten und deren Nahrung zu Tiernahrung "veredelt" wird.

Ist das "fair"?

Wie fair können Eltern sein, die sich mit einem Durchschnittseinkommen oder weniger zufrieden geben müssen?
Ein simpler Body, aus dem das Baby nach einigen Monaten rausgewachsen ist, kostet im unfairen Handel um die 5€.
Fair gehandelt muss man ca. 10€ draufzahlen. Dasselbe gilt für Strampler und alles andere.

Welchen Umfang hat nun eine Baby-Erstausstattung?

6-8 Bodys
6-8 Strampler
6-8 Pullover.
2-3 Paar warme Socken
2-3 Anzüge für Draußen
Diverse Hauben und Mützen
2 Babydecken
1-2 Schlafsäcke
Einen Kinderwagen mit Kinderwagen-Überzügen
Mehrere Kissenüberzüge
Puppen, Spielzeug und vieles mehr, das Ganze natürlich nicht nur fair, sondern auch noch bio und vegan...

Bio, vegan und fair? Und erschwinglich? Und nach ein paar Monaten alles verschenken und neue Klamotten kaufen, weil das Baby nicht mehr rein passt?
Und dann wird daraus ein Kleinkind, mit mehreren Jeans, T-Shirts, Pullis, Jacken, Schuhen, Unterwäsche, Strumpfhosen, Socken, etc...

Auf Schokolade und Kaffee kann man verzichten, doch es gibt so viele elementare Dinge, für die man keine Alternativen findet, wenn man nicht weit über dem Durchschnittseinkommen liegt.
Es ist furchtbar, dass die Kluft zwischen arm und reich immer größer und der Wohlstand dieser Gesellschaft in vielen Bereichen erst durch menschliche Sklaven ermöglicht wird, doch deshalb muss man von vegan lebenden Menschen nicht verlangen, dass sie Unmögliches leisten, nur weil sie auf Tierleidprodukte verzichten.
Ich werde meine Tochter genauso auf menschliche Sklaverei hinweisen, wie auf "Nutztierhaltung" und wenn mal wieder ein Familienvater nach erschwinglicher veganer Schokolade und Keksen aus dem Supermarkt fragt, helfe ich ihm weiter.


LG, Schlunz


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Donnerstag, 12. März 2009

"Papa, warum leben wir vegan?"

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"Papa, warum leben wir vegan?"

"Weil Tiere leiden können. Sie empfinden Schmerzen und Angst. Sie wollen sicher nicht, dass der Mensch sie einsperrt, herumtransportiert und schließlich tötet.
Der Mensch braucht seit der Steinzeit keine Tiere um zu überleben, weder für seine Ernährung, noch für seine Kleidung oder sonst was."

"Aber die anderen sagen, wenn man vegan lebt, ändert das auch nichts..."

"Das stimmt nicht und das gilt für alles, was wir wählen, was wir tun und unterlassen.
Doch selbst wenn es so wäre...
Stell Dir vor, zwei größere Jungs klauen deinem Klassenkameraden auf dem Schulhof sein Pausenbrot und du kannst ihm nicht helfen. Nur, weil du ihm nicht helfen kannst, musst du ihn doch nicht ebenfalls ausrauben, oder?"

"Nein..."

"Und genauso wenig müssen wir Fleisch, Käse, Eier und Honig essen, nur weil es die anderen tun.
Für alles, was wir tun, sind wir verantwortlich, ob wir andere Menschen beklauen oder Tiere ausnutzen."

"Sind die anderen in meiner Klasse deshalb böse?"

"Nein. Menschen machen in ihrem Leben oft Dinge, die falsch sind. Auch wir, deine Eltern, deine Großeltern und deine Freunde...
Deshalb sind wir nicht böse. Wir wissen es oft nur nicht besser.
Viele Kinder glauben nur das, was ihnen ihre Eltern sagen und sie haben gelernt, dass es scheinbar ok ist, Tiere für Nahrung, Kleidung oder Unterhaltung zu benutzen.
Doch es ist falsch für die Tiere, falsch für die Umwelt und ungesund für den Menschen.
Du hast in der Schule gelernt, dass Gewalt falsch ist und auch das Einsperren, Ausnutzen und Töten von Tieren bedeutet Gewalt."

"Aber warum bringen die Lehrer uns das nicht bei?"

"Weil sie es nicht besser wissen oder wissen wollen."

"Aber sie sind doch erwachsen und sollten es besser wissen..."

"Ja, das sollten sie. Doch wenn man erwachsen ist, heißt das noch nicht, dass man auch alles weiß und dass man immer fühlt, was richtig und was falsch ist. Das gilt auch für deine Lehrer.
Letztendlich wirst du entscheiden, wie du dein Leben gestaltest.
Hör auf dein Herz!
Wenn die Menschen in deinem Umfeld nicht begreifen, dass sie den Tieren Gewalt antun, wende dich nicht von ihnen ab und erhebe dich nicht über sie, denn wer etwas Schlechtes unterlässt, ist deshalb nicht automatisch ein besserer Mensch."

"Und die, die sich nur über mich lustig machen und immer wieder dieselben dummen Witze reißen, egal was ich sage?"

"Über die darfst du dich auch lustig machen, wenn du willst. Du musst dir nichts gefallen lassen, nur weil du etwas anders machst und du hast die besseren Argumente."

"Werden irgendwann mal alle Menschen vegan leben?"

"Das weiß ich nicht. Es wäre schön und es kann nur passieren, wenn viele Menschen mit gutem Beispiel voran gehen."

"So, wie wir?"

"So, wie wir."

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In diesem fiktiven Gespräch wird dem Kind vermittelt, dass es sich bei dem Ausnutzen, Manipulieren und Töten von nichtmenschlichen Individuen um Gewalt handelt.
Gewalt, die den Kindern in dieser Gesellschaft von kleinauf als "normal" und scheinbar unumgänglich vermittelt wird, während sie gegenüber der eigenen Spezies als verachtenswürdig gilt.
Wir sagen "Gewalt ist keine Lösung", wollen das auch unseren Kindern vermitteln, tun dies aber vor dem Hintergrund des täglichen privaten Blutvergießens.
Und wir hinterfragen scheinbar nicht, inwiefern die Grenzen der Gewalt gegenüber uns selbst und anderen Spezies stufenlos miteinander verschwimmen.
Prinzipieller Respekt vor fühlenden bewussten Lebewesen und das Anerkennen ihrer Leidensfähigkeit sollte dazu führen, alles zu unterlassen, was deren Leid verursacht.
Doch dieser prinzipielle Respekt ist nicht gegeben und somit wird er nicht vermittelt, weder in den Schulen, noch in den Medien und schon gar nicht innerhalb der Familien.
Wir sind gerade mal dabei, die "Tierethik" zu entdecken und dabei haben wir noch nicht einmal den nächsten Schritt erkannt: Ethik kann nicht in "Tierethik" und "Menschenethik" aufgeteilt werden, denn das eine kann ohne das andere nicht funktionieren.
Die Geschichte der Menschheit zeigt es durch Schlachthäuser und Kriege, Schützenvereine und Amokläufer... Gewalt ist eine Kettenreaktion.

In der Qualität der Ethik, die wir unseren Kindern vermitteln, liegt die Vernunft oder Unvernunft kommender Generationen.
Das gilt für den unveganen Endverbraucher genauso wie für Jäger, Schlachter, Prügeleltern, Hooligans, Soldaten und Diktatoren.
Gewalt ist keine Lösung!

Ich habe mich schon oft gefragt, wie ich das meinem Kind vermittel...


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"Und was ist Speziesismus?"

"Das erkläre ich dir morgen..."


Schlunz

Siehe auch: "Mein Kind soll das selbst entscheiden"


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